Der Mythos: Das Blut
Christi wurde in einem Kelch aufgefangen. Danny-Boy, du
spekulierst, dass Maria Magdalena von Jesus schwanger war
und somit das "Gefäß", welches das Blut Christi weiter trug
– die Blutlinie gehe bis heute weiter, was die Kirche
vertusche. Die These vom "königlichen Geblüt Christi sei in
der Gelehrtenwelt ausgiebig und bis ins letzte Detail
untersucht worden".
Die Fakten: Die These wurde in der Gelehrtenwelt
nicht ausgiebig untersucht. Deine "Gelehrten" sind die
umstrittenen Fernsehjournalisten Michael Baigent und Richard
Leigh, aus deren Buch du die Idee entnommen hast.
Der Richter im Prozess der
beiden Autoren gegen dich war offensichtlich ein Freund, der
Furzgeschichten mag und einen Code in sein Urteil eingebaut
hat. Schwachsinnig geht die Intelligentia zugrunde.
Ein Artikel in der Zeitung
"Die Welt"
stellt vieles Weitere klar:
Dan Browns Thesen
und die Wahrheit
von Berthold Seewald
Im frühen Christentum gab
es einen Kult der Großen Mutter.
Einen solchen Kult hat
es in Syrien gegeben, auch in Kleinasien oder in Rom,
allerdings nicht im Christentum, sondern in seiner
heidnischen Umwelt.
Als guter Jude wäre Jesus verheiratet gewesen.
Paulus
sagt von sich auch, dass er ein guter Jude gewesen sei und
dass er die Thora sehr genau beachtet habe. Dennoch war er
nicht verheiratet. Auch die Essener lebten in Teilen
zölibatär. Die Vorschrift zu heiraten, taucht als
Sollaussage erst im Talmud auf.
Wäre Jesus nicht verheiratet gewesen, hätte ein
Evangelist dies vermerkt. Die Evangelien haben kein
derart biographisches Interesse an Jesus, um solches zu
schildern. Sie sagen ja auch nichts über Jesu Aussehen oder
Beruf.
Die Bibel wurde nicht von Gott offenbart.
Mit der
Überzeugung, dass die Bibel nicht Wort für Wort von Gott
inspiriert sei, begann vor 250 Jahren die kritische
Bibelauslegung.
Es gab mehr als 80 Evangelien.
Es gibt mehr als die
vier kanonischen Evangelien. Als unlängst die Entdeckung des
Judas-Evangeliums die Runde machte, haben Spezialisten die
Zahl von 34 Evangelien genannt, von denen oft nur Fragmente
bekannt sind.
Kaiser Konstantin (um 280-337) gab das Neue Testament in
Auftrag. Alle 27 Schriften des Neuen Testaments sind im
2. Jahrhundert zweifelsfrei nachgewiesen. Irenäus von Lyon
kennt um 180 n. Chr. die komplette kanonische Sammlung.
Texte von Qumran und Nag Hamadi bezeugen, dass Jesus ein
Mensch gewesen ist. Das Neue Testament setzt
selbstverständlich voraus, dass Jesus ein Mensch war. In
Qumran hat man keinen einzigen Text gefunden, der auf Jesus
verweist. Die Zeugnisse von Nag Hamadi setzen rund 150 Jahre
Christentum voraus.
Die berühmte Quelle "Q" sind Jesu Tagebücher.
Die
Spruchquelle "Q" ist ein hypothetisches Konstrukt, das vor
160 Jahren entwickelt worden ist, um die literarischen
Abhängigkeiten zwischen den ersten drei Evangelien Markus,
Matthäus und Lukas zu erklären. Mit einem Tagebuch Jesu hat
diese hypothetische Quelle gar nichts zu tun.
Das Evangelium des Philippus schildert Maria Magdalena
und Jesus als Liebespaar. Der Kuss ist kein erotischer,
sondern ein Zeichen der Lehrautorisation.
Die Blutlinie von Jesus-Maria hat sich bis in unsere Tage
erhalten. Das ist reine Spekulation. Sie setzt die
ebenso spekulative Liebesgeschichte zwischen Jesus und Maria
voraus.
Maria war königlicher Abstammung.
Die Aussage, sie
sei eine Prostituierte gewesen, basiert auf Markus, der von
einer anonymen Frau berichtet, sie habe Jesus gesalbt, und
auf Lukas, der von einer ebenfalls anonymen Frau erzählt,
sie habe Jesus die Füße geküsst. Johannes kombiniert beide
Geschichten und identifiziert die Frau als Maria Magdalena.
Von einer königlichen Abstammung steht nirgends etwas.
Es gibt ein Evangelium der Maria Magdalena.
Wie beim
Philippus-Evangelium und einer Reihe vergleichbarer Texte
handelt es sich beim Evangelium der Maria (nicht Magdalena)
um ein Dialog-Evangelium, das Ende des 2. Jahrhunderts
entstand.
Das Konzil von Nizäa 325 erhob die Göttlichkeit Jesu zum
Dogma. Das Konzil hat erklärt, dass Jesus und der Vater
nicht wesensähnlich, sondern wesensgleich seien. Damit ist
das Menschsein Jesu gerade nicht bestritten, sondern
vorausgesetzt.
Alle Elemente der frühchristlichen Liturgie sind
heidnischen Ursprungs. Die meisten Elemente der Liturgie
sind jüdischen Ursprungs. Richtig an der These ist, dass
viele Elemente der politischen Sprache entlehnt wurden.
Die Kreuzfahrer des ersten Kreuzzuges fanden 1099 Maria
Magdalenas Reliquien in Jerusalem.
Im Mittelalter hatte
die Reliquiensammelei Konjunktur. Allein die Splitter vom
Kreuz Jesu hätten zum Bau mehrerer Häuser gereicht.
Der Templerorden wurde von Gottfried von Bouillon
gegründet, um Marias Reliquien und Texte zu schützen.
Der Orden wurde um 1120 zum Schutz der Pilgerwege gegründet.
Gottfried starb bereits 1100.
Die "Prieuré de Sion" setzt das Werk der Templer fort.
Ein Verein dieses Namens wurde 1956 von vier Freunden in
Frankreich gegründet, um, wie der erste Vorsitzende zu
Protokoll gab, "Spaß zu haben". Von einer Verbindung
mittelalterlicher Zionsorden mit den Templern ist nichts
bekannt.
Die Welt
Artikel erschienen am Mo, 15. Mai 2006
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